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Souvenirs
Christian Wolfarthhiddenbell rec. 012 / LP
released: Zürich, 2020
Cover Art: Urs Freitag
Christian Wolfarth - percussion
'Labelbetreiber Christian Wolfarth ist auf der Aufnahme Souvenirs zu hören. Souvenirs from a Drum und Souvenirs from a Cymbal heissen die Titel. Und tatsächlich geht es hier darum, den einzelnen Teilen des Schlagzeugs die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Der Ansatz ist vertrackter und variabler als bei Zumthor, Rhythmik und Metrik werden trotzdem nicht vollends aufgelöst. Wolfarth spielt vor allem mit der Zeit, indem er die Notenwerte variert.Teilweise entstehen unendliche Loops, die nur langsam wieder eingefangen werden. Besonders interessant wird es auf der B-Seite, wo Wolfarth sich dem wesentlich schwerer zu kontrollierenden Becken widmet. Obertöne verdichten den Klang und lassen den Eindruck erwecken, es würden mehrere Instrumente gespielt - eine Illusion, die auch in dem Moment bestehen bleibt, in dem Wolfarth sein Spiel verlangsamt und beinahe komplett einstellt. In dem Moment fragt sich der Zuhörer: Spielt er noch oder höre ich nur das Echo ?'
Holger Pauler (Neue Zeitschrift für Musik Nr. 2, 2022)
'So sehr es, im Leben wie in der Kunst, darauf ankommt, was jemand macht, so sehr kommt es darauf an, was jemand nicht macht bzw. mit Absicht unterlässt. Im Fall von Christian Wolfarth, der hiermit nicht seine erste Soloplatte vorlegt, gerät die Unterlassung von Selbstüberhöhung, Egozentrik etc. zum unschätzbaren Vorteil, zur Qualität. Seine aktuellen Souvenirs teilt er auf dieser (schön transparenten) Platte durch zwei: Teil eins beschäftigt sich mit nur einer Trommel, Teil zwei mit nur einem Becken. Reduktion macht Reichtum. Zumal in beiden Passagen Wolfarths Fähigkeit besticht, schier endlose Loops zu generieren, die eine schier endlose Zeit suggerieren. In der Geschichten inner- und außerhalb des Kopfs stattfinden, der mit offenen Ohren ausgestattet bzw. sozialisiert wurde. Gedämpft auf dem Fell, in einheitlicher Lautstärke auf dem Metall, löst Christian Wolfarth Assoziationen aus, die vor dem Anhören dieser Platte noch weiße Flecken auf der Assoziationslandkarte waren. So passieren auf beiden Plattenseiten, im Souvenir from a Drum und im Souvenir from a Cymbal, unerhörte Geschehnisse, ohne jemals mit der Tür ins Haus zu fallen. Ganz im Gegenteil: Unerkannt und unvermutet schleichen sie sich unter dem Türspalt in die Wohnung, ins Gewohnte. Souvenirs: eine Geschichte der Subversion, intelligent und ohne doppelten Boden.'
Andreas Fellinger (freiStil Nr. 92, Sept./Okt. 2020)
'Wolfarths Mission ist die Erkundung von Klang. Auf seiner neuesten Einspielung dekonstruiert er dazu das Schlagzeug. Das Drum Set ist tatsächlich ein recht willkürliches Konglomerat an Membrano- und Idiophonen. Der klangliche Gesamteindruck ergibt sich aus der Interrelation der verschiedenen Erzeuger, die dadurch im Normalfall allerdings auf ihre Rolle als Kollaboteure reduziert werden. Wolfarth will diese gegenseitigen Abhängigkeiten auflösen. In den zwei, je fast 20-minütigen Stücken 'Souvenir from a Drum' und 'Souvenir from a Cymbal' erkundet er zwei Schlagzeug-Einzelteile, mit dem Ziel, auf das Individuelle zu fokussieren und 'das Detail hervorzuheben', wie es in den instruktiven Liner Notes von Jon Mueller heisst. Die Beschränkung auf die Klangerzeuger bedeutet nach Wolfarth nicht eine Einschränkung der klanglichen Möglichkeiten. Ganz auf sich allein gestellt, eröffnet jedes Teil seine ganz eigene tonale Welt, deren Erkundung ausserhalb der Gesamtheit interessante Details zum Vorschein bringt.'
Christof Thurnherr (Jazz'n'more Nr. 5, Sept./Okt. 2020)