discover Anthropology!
Philipp Schaufelberger/Christian WolfarthWER 042 / LP
released: Zürich, 2019
Cover Art: Corinne Hächler
'Mit ihrem Album 'discover Anthropology!' unternehmen Philipp Schaufelberger und Christian Wolfarth eine Reise in den Gitarrenjazz der 60-er Jahre. Wesentlich geprägt ist ihre Musik durch das Gitarrenspiel von Philipp Schaufelberger. Er spielt Standards von Duke Ellington, Lester Young oder Thelonious Monk, um nur einige zu nennen, mit dem Feeling, das an Kenny Burrell, Jim Hall, Attila Zoller oder selbst Joe Pass erinnert. Philipp Schaufelberger und Christian Wolfarth spielen zusammen bekannte Themen: Bye Bye Blackbird, Stompin' at the Savoy oder Sweet Georgia Brown sind Vorlagen, um nur einige der Titel des Albums zu nennen.
Klanglich brillant aufgenommen macht es Freude, diesem eigenwilligen Zusammenspiel zuzuhören. Wie kann ein Gitarrist fast im Alleingang Klassiker der Jazzliteratur glaubwürdig einspielen, die wir nur von grossen Formationen her kennen ?
Das funktioniert, weil Christian Wolfarth enorm zurückhaltend und dennoch füllend auf seinen Drums so begleitet, dass diese LP swingt. Für 'discover Anthropology!' nutzt er nur die Snare Drum und zwei Becken. Und trotzdem ersetzt er mit seinem eigenwilligen Spiel eine ganze Band, die dem Gitarristen Raum für seine Soli verschafft. Gekonnt holt Christian Wolfarth die Zuhörenden dort ab, wo die Gitarre Unterstützung braucht - und auf einmal hören wir genau, wie feinfühlig ein Schlagzeug gespielt werden kann.'
Peter Trübner (AAA Analogue Audio Association, Sommer 2022)
'Philipp Schaufelberger & Christian Wolfarth widmen sich als Anthropologen Klassikern alter aber unverwüstlicher Bigband-Ästhetik. Duke Ellington, Billy Strayhorn, dazu Lester Young, Thelonious Monk und einige andere mehr. Von Mood Indigo bis Sweet Georgia Brown, von Day Dream bis Misterioso, von Li'l Darlin' bis Bye Bye Blackbird reicht das güldene Bigband-Spektrum. Die beiden Schweizer Entdecker der Wissenschaft vom Menschen interpretieren die Evergreens glücklicherweise nicht eins zu eins, sondern in außerordentlich abgespeckten, bis aufs Gerippe abgemagerten Versionen. Dabei verlassen beide nicht den ursprünglichen Puls, den Blutkreislauf des alten Materials. Aber gerade durch die extreme Reduktion – Schaufelberger spielt nur die nötigsten single notes und Akkorde, Wolfarth nur an den Becken und einer einzigen Snare drum – verschafft man den geborgenen, wiederbelebten Schätzen viel Luft zum Atmen. Der Spirit ist der Sprit. Old fashioned, new fashioned, sehr fesch!'
Andreas Fellinger (freiStil Nr.86, Nov./Dez. 2019)
'Liest man den Albumtitel richtig, dann sollen wir wohl den beiden, vor allem im Feld der Improvisation und Neuen Musik bekannten, Musikern dabei zuhören, wie sie eine Samlung kanonisch gewordener, bzw. in das Schatzhaus der populären Musikkultur aufgenommenen Jazzkompositionen einer archäologischen Untersuchung unterziehen: Wenn sich Anthropologen an die Arbeit machen, dann sind die Überlieferungen oft ephemer und die Menschen auf Knochenreste geschrumpft. Wenige wären zu einer solchen Archäologie besser prädestiniert als der 49-jährige Zürcher E-Gitarrist Philipp Schaufelberger und sein zehn Jahre älterer Schweizer Landsmann Christian Wolfarth. Beide erreichen mit minimalen Mitteln (Wolfarth kommt mit einer Snare und zwei Becken aus) die Kernschmelze, d.h. die unter Schichten von anachronistischem Schutt versteckte Perle der Standards, beginnt zu strahlen. Schaufelberger spielt seine Gitarre fast akkordlos, meistens genügt ihm eine Saite, mit der er die Melodien sanft tremolieren lässt und auch Wolfarth ist allem Dichten abhold. 'Lil Darling' und 'Stompin' at the Savoy', 'Mood Indigo' und 'Sweet Georgia Brown', 'Misterioso' und 'Tea for Two', es fällt schwer, einzelne Songs als Höhepunkte des Albums hervorzuheben. Die insgesamt 13 kurz gehaltenen Stücke sind allesamt bezaubernde Kleinode grosser Tonkunst. Nicht das zur Verzichtsparole der kapitalistischen Austerität pervertierte 'Less is more', sondern 'Less is (just) enough' möchte man nach Anhören der Platte gerne ausrufen.'
-Di/Ho-/dop (Concerto, Oktober 2019)
'In der Anthropologie - hierzulande ehemals der Volkskunde, dann breiter der Ethnologie, oder neuerdings der Empirischen Kulturwissenschaften - geht es um die Beobachtung es Anderen. Dabei schwingt aber die Reflexion des eigenen immer mit, denn erst durch die Ergründung des Fremden und oft auch Unerklärlichen zeigen sich die Idiosynkrasien des Vertrauten und werden die bloss vermeintlichen Notwendigkeiten der eigenen Gewohnheiten überführt. Dies ist die Motivation von Schaufelberger und Wolfarth auf ihrer aktuellen Duo-Platte, allerdings zusätzlich mit einer historischen und weniger mit einer kulturvergleichenden Komponente. Durch eine Annäherung an die Wurzeln des Jazz - sprich: an die Klassiker der Big-Band-Ära - schälen sie deren wesentlichen Kern aus den teilweise dick sich überlagernder Verkleidungen. Sowohl Schaufelberger wie auch Wolfarth sind eigenständige künstlerische Persönlichkeiten, die eine Musik verkörpern, deren Bezug zur Tradition nicht immer leicht zu verorten ist. Mit dem fixen Fokus auf die historischen Perlen wird nun aber ihre Kreativität auf neue Bahnen gelenkt. Und so stellen sie dabei ihre eigene Position im zeitgemässen Jazz in ein neues Licht. Dass sie dabei die klassischen Stücke in neuem Glanz erstrahlen lassen, erscheint fast nebensächlich. So filigran und zurückhaltend sie die Vorlagen auch intonieren, so gewaltig klingt deren ganzes historisches Gewicht trotzdem immer mit und so leuchten sie wieder als das, was sie sind: wahre Perlen der Tradition des Jazz.'
Christof Thurnherr (Jazz'n'More Sept./Okt. Nr. 5, 2019)
'Philipp Schaufelberger und Christian Wolfarth haben sich Standards von Duke Ellington und Edgar Sampson bis Thelonious Monk vorgenommen und spielen sie auf intimste Weise. Beide bekannt für ihre filigransparsame Spielart, laden der Gitarrist und der Drummer aus Zürich zur Lagerfeuer-Version von Jazz Ohrwürmern wie 'Tea For Two' oder 'Misterioso'. Vorgelegt als LP mit Download Code, ist das packende Minimal Music im Grossformat.'
Frank von Niederhäusern, (kulturtipp, 19/19)